Pro Athletin Ilaria Paltrinieri verrät, wie Spartan Race dich fürs Leben trainiert
Übers Feuer springen, Baumstämme den Berg hoch tragen oder einen Fluss überqueren – hört sich für dich nach einem Survival Training oder einer Trainingseinheit für Spezialkräfte an? In Wirklichkeit handelt es sich hierbei um das berühmte Spartan Race. Ein Extrem-Hindernislauf, der zahlreiche Athlet*innen weltweit begeistert. Das Spartan Rennen hat seinen Ursprung in den USA und ist mittlerweile auf allen 6 Kontinenten vertreten. Jährlich finden 170 Rennen in 25 Ländern mit über 1 Million Teilnehmer*innen statt. Der Lauf startet traditionell mit dem Ruf “AROO!”, bevor es an die Hindernisse geht, und soll den Schlachtruf der antiken Krieger symbolisieren. Getreu dem Motto: Trainieren wie ein echter Spartaner!
Je nach Laufserie gibt es unterschiedliche Distanzen, die bei 5 km anfangen und bis zu 50 km lang sein können. Erfahrene Athlet*innen können auch an Rennen teilnehmen, die bis zu 24 Stunden andauern wie z.B das Hurricane Heat Rennen. Je nach Distanz müssen Teilnehmer*innen bis zu 60 Hindernisse überwinden.
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Auch Ilaria Paltrinieri, eine Spartan Pro Athletin, nimmt seit 2014 regelmäßig an Spartan Rennen teil und liebt die Herausforderung. Die gebürtige Italienerin kommt aus einer sportlichen Familie. Ihre Mutter war eine Basketballspielerin und ihr Vater ein Triathlet. Ilaria hat bereits zahlreiche Wettkämpfen im Bereich Leichtathletik, Biathlon, Duathlon, Triathlon, Cycling und Mountain Bike hinter sich. Bis 2016 war sie ein Teil der italienischen Rollski-Nationalmannschaft und hat an zwei World Cups und zwei Weltmeisterschaften teilgenommen. 2018 hat sie das Winter Spartan Race in Valmorel gewonnen und landete auf Platz 3 bei den Spartan Weltmeisterschaften im Jahr 2019.
Im Interview verrät uns Ilaria, warum Spartan Race viel mehr als ein Sport ist, was ihr am Wettkampf am meisten Spaß macht und was dich bei deinem ersten Rennen erwartet.
Als Freizeitsportler*innen sind wir daran gewöhnt, in einem “gemütlichen” Fitnessstudio oder bei uns zu Hause zu trainieren. Im Kontrast dazu steht das Spartan Race. Hier wird übers Feuer gesprungen oder unter dem Stacheldraht im Schlamm gekrochen. Wie hast du damals deine Leidenschaft für diesen Sport entdeckt? Und wie wird man eine Spartan Pro Athletin?
Ich erinnere mich noch sehr gut an mein erstes Spartan Race. Das war im Jahr 2014 und auch das erste Mal, dass ein Rennen in Italien überhaupt stattgefunden hat. Für mich war die Vorstellung daran teilzunehmen nichts Wildes. Ich war auf der Cross Country Schule und bin es gewohnt, draußen Sport zu treiben. Sport hat mich also schon mein Leben lang begleitet. Das Spartan Rennen war für mich die perfekte Möglichkeit, meine erlernten Fähigkeiten im Bereich Ausdauer und Kraft einzusetzen.
Für jemanden, der daran gewöhnt ist “nur” im Fitnessstudio zu trainieren, kann ein Spartan Rennen eine Herausforderung sein. Denn 80% der Zeit bist du nur am Laufen.
Wie läuft ein Spartan Race genau ab? Und was unterscheidet Spartan Rennen von anderen Wettkämpfen?
Das Spartan Race ist ein Hindernislauf. Bevor man daran teilnimmt, schaut man sich an, welche Distanzen es gibt und welche Hindernisse auf einen warten. Zu den Grund-Hindernissen gehören zum Beispiel eine Holzwand zu überwinden oder an einem Seil hochzuklettern. So habe ich damals auch angefangen und an einer offenen Kategorie (ohne Wettkampf) teilgenommen.
Ich wusste nicht genau, was mich erwartet. Hindernisse, die besonders ausgefallen und schwierig waren, habe ich beim ersten Mal auch nicht geschafft. Und das obwohl ich in guter Form war. Aber genau darum geht es. Du merkst dir die Hindernisse, die du nicht überwinden konntest und trainierst daraufhin, diese beim nächsten Rennen zu meistern. Das ist deine größte Motivation. Du willst immer besser werden.
Auch ich als Pro Athletin kann immer Neues dazulernen und meine Leistung verbessern. Das Gefühl hatte ich bis jetzt noch bei keiner Sportart so stark. Und ich habe schon an Triathlon und an diversen Wettkämpfen im Bereich Leichtathletik teilgenommen.
Ein Spartan Rennen lässt sich gut mit unserem Leben vergleichen. Es warten täglich neue Challenges auf uns, die wir meistern müssen, um uns weiterzuentwickeln und vorwärtszukommen. Das macht das Rennen so einzigartig und das ist auch der Grund, warum ich das mache.
Ein Spartan Rennen besteht also aus verschiedenen Hindernissen, die sich von Laufserie zu Laufserie unterscheiden. Um sie zu überwinden, sind verschiedene Fähigkeiten gefragt wie Kraft, Gleichgewicht, Ausdauer und Koordination. Und ich habe gehört, es gibt sogar einen Gedächtnistest. Welches Hindernis ist dein Favorit und vor welchem hast du am meisten Angst?
Ich glaube Multi Rig ist das Hindernis, vor dem ich mich am meisten fürchte. Hier musst du vorwärts kommen, während du dich oben an einem Gerüst nur mit deinen Händen festhältst. Das Schwierige daran sind die Griffe. Sie sind immer unterschiedlich. Du wechselst zwischen Ringen, Bällen und anderen Griffen, an denen du dich festhalten musst, um nicht herunterzufallen. Wenn ich weiß, dass Multi Rig dabei ist, hoffe ich, dass es nicht zu viele unterschiedliche Griffe gibt.
Mein Lieblingshindernis ist das Kriechen unter einem Stacheldraht. Erstens kann ich eine Pause vom Rennen einlegen und zweitens habe ich hier einen Vorteil. Da ich nicht besonders groß bin, fällt es mir einfacher unter dem Draht zu kriechen. Dieses Hindernis ist meistens schnell überwunden und verschafft mir einen Vorsprung.
Während eines Rennens bist du bestimmt voller Adrenalin. Wie schaffst du es, trotzdem fokussiert zu bleiben und dich der Herausforderung zu stellen?
Vor dem Wettkampf bin ich immer gestresst und aufgeregt. Und das obwohl ich seit 20 Jahren an Wettkämpfen teilnehme. Was beim Spartan Race besonders stressig ist, ist dass du bei jedem Hindernis nur einen Versuch hast. Hast du es nicht geschafft, musst du als Strafe 30 Burpees machen. Jedes Hindernis ist wichtig, deswegen musst du mental immer fokussiert bleiben.
Aber was ich empfehlen kann ist, sich jedes Mal daran zu erinnern, dass du es machst, weil du es liebst und es dir Spaß macht. Auch wenn es manchmal weh tut und du an deine Grenze kommst, denk an die Ziellinie. Das ist es wert!
Das bringt uns schon zu der nächsten Frage: Welche Bedeutung hat der mentale Part und welche der physische Part bei einem Spartan Rennen?
Ich würde sagen, dass der mentale Part an Bedeutung überwiegt. Wenn du dich auf das Rennen vorbereitest, trainierst du regelmäßig deinen Körper, damit du physisch bereit bist. Doch bist du während des Wettkampfes mal eine Sekunde abgelenkt, kann das bedeuten, dass du ein Hindernis nicht überwindest. Und das obwohl du körperlich dazu in der Lage wärst.
Du musst auch mental die Bereitschaft mitbringen, über deine Grenzen hinaus zu gehen. Wenn du denkst, du kannst nicht mehr, bist du erst bei 40% deiner Leistung. Es bleibt noch viel Raum, um noch weiter zu pushen. Es ist dir in dem Moment nur nicht bewusst. Dein Körper kann mehr, als du denkst. Ich merke das vor allem, wenn ich gemeinsam mit dem Team am Wettkampf teilnehme. Sie pushen mich weiterzumachen, obwohl ich gedacht habe, ich könnte nicht mehr.
Wenn du auf deine Karriere als Spartan Pro Athletin zurückblickst, was war für dich bis jetzt die größte Herausforderung?
Im Nachhinein wünsche ich mir, ich hätte mich nicht dazu entschieden, so viele Wettkämpfe wie möglich mitzunehmen. Das ist sehr anstrengend. Heute bin ich weiser und bleibe realistisch. Wählst du zu viele Wettkämpfe aus, leidet deine Performance darunter. Manchmal war ich auch im Übertraining, weil ich zu viel gemacht habe. Heute weiß ich, dass es sinnvoll ist, manchmal ein paar Gänge runterzuschalten, um langfristig vorwärts zu kommen.
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