Kalte Thermogenese: Bringt dich kalt duschen wirklich weiter?

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Frau sitzt mit einem Neoprenanzug auf den Steg und versucht is sehr kalte Wasser zu steigen ©Cavan Images

Kalt duschen soll die Regeneration fördern, das Immunsystem stärken und sogar beim Abnehmen helfen. Unter Sportlern ist die kalte Thermogenese längst ein Hype. Hier erfährst du, was dahinter steckt, ob kaltes Duschen gesund ist und wie dich der Kälte-Kick weiterbringen kann.

Was ist die kalte Thermogenese?

Thermogenese bedeutet Wärmebildung. Kalte Thermogenese meint somit die Produktion von Wärme unter Einfluss von Kälte. Ist der Körper einem Kältereiz ausgesetzt, beschleunigt er verschiedene Stoffwechselprozesse, wie die Energiebereitstellung, die Fettverbrennung, die Verdauung und die Muskelaktivität. Als Nebenprodukt entsteht dabei Wärme. Damit stellt der Organismus unser Überleben sicher. Ziel ist es schließlich, jederzeit kampfbereit zu sein und selbst bei Eiseskälte vor einem Mammut fliehen zu können.

Ein praktisches Beispiel aus der Neuzeit: Du wartest im tiefsten Winter auf die Bahn und beginnst, vor Kälte zu zittern. Diese Muskelkontraktion dient als Schutz. Sie verhindert, dass du erfrierst, indem sich dein Körper von innen erwärmt.

Mann beim Eisbaden auf einem gefrorenen See
©Olga-Berlet

Inzwischen machen sich viele Sportler das Prinzip der kalten Thermogenese durch eine kalte Dusche oder ein Eisbad zunutze.

Was bringt die kalte Thermogenese?

Eine kalte Dusche am Morgen ist für viele ein Graus, andere schwören auf den Frische-Kick. Lohnt sich das Bibbern unter dem kalten Strahl? Das bringt die kalte Thermogenese aus wissenschaftlicher Sicht:

1.   Kalt duschen macht wach

Sich mit kaltem Wasser zu duschen, kostet Überwindung. Doch wer das Experiment schon einmal gewagt hat, weiß: Im Anschluss fühlst du dich erfrischt. Verschiedene Studien (1) konnten die physiologischen Effekte der kalten Thermogenese bestätigen: Blutdruck, Atemfrequenz und Puls schnellen unter dem Einfluss plötzlicher Kälte in die Höhe. Dein Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt. Für dich bedeutet das: Du kannst nach einem solchen Kältereiz mental fitter, konzentrierter und wacher in den Tag starten.

Frau sitzt in ihrem Bett und gähnt
©PeopleImages

2.   Kalte Thermogenese erhöht den Kalorienverbrauch

Die Kerntemperatur des Körpers liegt bei rund 37 Grad. Der Organismus setzt alle Hebel in Bewegung, um diese Temperatur aufrecht zu erhalten – egal, ob du extremer Hitze oder Kälte ausgesetzt bist. Du kannst dir vorstellen, dass ein Sprung ins Eisbad deinem Körper einiges abverlangt. Ein Effekt des Kälteschocks: Dein Energie- und Fettstoffwechsel wird angeregt – und das bereits ab 30 Sekunden unter dem kalten Duschstrahl. Laut Studien (2) lässt sich damit der tägliche Kalorienverbrauch um durchschnittlich 3 Prozent in die Höhe schrauben. Wer abnehmen will, sollte zusätzlich auf weitere Kalorienkiller setzen.

3.   Kalte Duschen regen den Fettstoffwechsel an

Frau duscht draußen in der Natur
©Easy-Production

Kälte aktiviert nachweislich (3) die sogenannten braunen Fettzellen. Sie wandeln Energie in Wärme um und verbrennen somit Fett, anstatt es zu speichern. Je häufiger du also den Sprung ins kalte Wasser wagst, desto stärker wird dein braunes Fettgewebe stimuliert.

Duschen allein bringt dich natürlich nicht weiter. Wenn Fettreduktion dein Ziel ist, solltest du zusätzlich auf regelmäßiges Krafttraining setzen, um Muskelmasse aufzubauen.

4.   Kalt duschen fördert deine mentale Stärke

Wissenschaftler (4) haben herausgefunden, dass regelmäßige kalte Duschen Patienten mit Depressionen Linderung verschaffen. Die kalte Thermogenese wirkt in diesem Fall wie ein natürlicher Stimmungsaufheller. Der Grund: Niedrige Temperaturen aktivieren Teile des Nervensystems. Unter anderem werden die Hormone Noradrenalin und Beta-Endorphin stimuliert. Die Botenstoffe helfen dir, Resilienz aufzubauen, dich mental stärker zu fühlen und deine Stimmung zu heben.

5.   Kalte Duschen stärken das Immunsystem

Einer Studie (5) zufolge melden sich Arbeitnehmer, die regelmäßig kalt duschen, seltener krank. Wissenschaftler vermuten, dass der Kältereiz das Immunsystem stärkt. Die Blutzirkulation wird angeregt: Die Organe werden zuverlässig mit wichtigen Nährstoffen versorgt. Außerdem schüttet der Körper vermehrt weiße Blutkörperchen aus, deren Aufgabe es ist, Viren und Bakterien zu bekämpfen. Auf diese Weise könnte ein aufkeimender Infekt abgeschwächt oder einer Krankheit vorgebeugt werden.

6.   Kälte hilft bei der Regeneration

Für Sportler ist die kalte Thermogenese besonders interessant. Studien (6) zeigen, dass eine Kältetherapie die Muskelregeneration fördern und die Leistungsfähigkeit steigern kann.

Nicht ohne Grund gehen Profiathleten regelmäßig nach dem Training in das Eisbad. Angeregt durch die Kälte, zirkuliert das Blut schneller durch den Körper und kann Abbauprodukte wie Laktat zügiger abtransportieren. Du fühlst dich in kürzerer Zeit erholt und bereit für die nächste Einheit.

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©foodspring

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7.   Kalte Thermogenese kann Schmerzen lindern

Wissenschaftler (7) fanden heraus, dass Anwendungen mit kaltem Wasser Schmerzen reduzieren können. Unter Einfluss niedriger Temperaturen wird die Durchblutung gesteigert. Infolge können unter anderem Schwellungen oder Entzündungen schneller abklingen. Hinzu kommt, dass Kälte die Geschwindigkeit verringern kann, mit der Nervensignale ans Gehirn weitergeleitet werden. Bedeutet für dich, du nimmst Schmerzen weniger stark wahr. Nicht ohne Grund wird bei Verletzungen zunächst ein Coolpack verordnet.

Kalt duschen: Vorteile und Nachteile

Die positiven Effekte der kalten Thermogenese sprechen für sich. Doch ist die Kältetherapie für jeden etwas? Dies sind die Vor- und Nachteile auf einen Blick:

Frau badet im kaltem Wasser und schreit
©Philipp-Nemenz
Vorteile der kalten Thermogenese

 

Nachteile der kalten Thermogenese
●     Verbesserte Durchblutung

●     Höheres Energielevel

●     Schnellere Muskelregeneration

●     Höhere Leistungsfähigkeit

●     Höherer Grundumsatz

●     Verbesserter Fettstoffwechsel

●     Stärkeres Immunsystem

●     Schmerzreduktion

●     Höhere Stresstoleranz

●     Größere mentale Stärke

●     Verbesserte Stimmung

●     Zusätzliche Belastung bei geschwächtem Immunsystem

●     Problematisch bei bestimmten Erkrankungen

●     Erhöhtes Stresslevel

●     Stärkere Menstruationsbeschwerden möglich

Wer erkältet ist, Fieber hat, unter einer Immunschwäche oder einer anderen Erkrankung leidet, sollte von der kalten Dusche vorerst Abstand halten. Darunter fallen zum Beispiel Herz-Kreislauf-Beschwerden, Harnwegsinfektionen und Asthma. Im Zweifelsfall immer Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten!

Der Kälteschock kann einen ohnehin geschwächten Körper unnötig belasten. Gleiches gilt für Menschen, die unter chronischem Stress leiden. Die Stimulation des Stresshormons Noradrenalin kann für sie kontraproduktiv sein.

Die kalte Thermogenese ist zusammenfassend kein Allheilmittel, kann gesunde Menschen aber durchaus weiter bringen. Bist du bereit für den Sprung ins kalte Wasser?

Kalte Thermogenese: Praxistipps

Zugegeben, der wortwörtliche Sprung ins kalte Wasser oder besser ins Eisbad, ist die Königsdisziplin und nur für Geübte zu empfehlen. Einsteiger starten besser mit einer kalten Dusche.

Wichtig ist, deinen Körper nicht von 0 auf 100 zu belasten, sondern ihn stattdessen Schritt für Schritt an die Anwendung zu gewöhnen. Kalt duschen ist wie Squats trainieren: Leichtes Zittern ist erlaubt, Zusammenbrechen ist tabu.

Mann steht unter einer sehr kalten Dusche
©RossHelen

Tipp: Bevor du dich unter den eiskalten Duschstrahl stellst, kannst du dich mit einem Gesichtsbad herantasten. Morgens frisches, kaltes Wasser über Gesicht und Hals spritzen. Ist das ein Kinderspiel für dich, kann es weitergehen.

Damit kalt duschen gesund bleibt, kannst du dich an folgender Anleitung orientieren:

  1. Warmphase 1: Starte mit lauwarmem Wasser und dusche dich damit ein bis zwei Minuten von Kopf bis Fuß ab.
  2. Kaltphase: Drehe das kalte Wasser auf. Eine Temperatur von 10 bis 16 Grad Celsius ist optimal. Beginne mit einem Knieguss von 10 bis 20 Sekunden, indem du den Duschkopf an die Beininnenseiten hältst. Arbeite dich von Tag zu Tag langsam aufwärts vor: Gesäß, Rumpf, dann erst die Arme. Die Kaltphase sollte maximal drei Minuten dauern.
  3. Warmphase 2: Sorge nach der kalten Dusche für eine schnelle Wiedererwärmung. Der Raum sollte dafür vorgewärmt sein. Trockne dich vollständig ab und ziehe dir sofort etwas an. Bewege dich außerdem und halte so deinen Kreislauf in Schwung.

Sobald deine Extremitäten extrem blass werden oder sich bläulich verfärben, brich die kalte Dusche unmittelbar ab. Gleiches gilt für Schwindel oder allgemeines Unwohlsein. Beobachte deinen Körper genau und höre auf dessen Signale. Nur dann bringen dir die Kältereize auch die gewünschten Effekte.

Fazit

  • Bei der kalten Thermogenese produziert der Körper unter Einfluss eines Kältereizes Wärme. Dabei werden verschiedene Stoffwechselprozesse angestoßen.
  • Die kalte Thermogenese kann viele positive Effekte haben, darunter ein stärkeres Immunsystem, mehr mentale Stärke und Leistungsfähigkeit, eine schnellere Regeneration, Schmerzreduktion und eine höhere Stresstoleranz.
  • Die kalte Dusche ist die bekannteste Anwendung der kalten Thermogenese, ein Eisbad die Königsdisziplin.
  • Dem Körper sollte der Kältereiz antrainiert werden, springe deshalb nicht wortwörtlich ins kalte Wasser.
  • Die kalte Thermogenese kann eine Belastung für den Körper sein. Nur gesunde Menschen sollten sich zuhause an der Kältetherapie versuchen. Wer körperlich oder psychisch erkrankt ist, hält vorab besser Rücksprache mit seinem Arzt.

Artikel-Quellen

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  • (1) https://bjsm.bmj.com/content/44/3/179
  • (2) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18335051/
  • (3) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19357405/
  • (4)https://www.researchgate.net/publication/5854059_Adapted_cold_shower_as_a_potential_treatment_for_depression
  • (5) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5025014/
  • (6) https://journals.lww.com/nsca-jscr/Fulltext/2017/05000/Effects_of_Cold_Water_Immersion_and_Contrast_Water.32.aspx
  • (7) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4049052/