Meine erste (und wohl letzte) Hot Yoga Stunde
Die Yogaeinheit dauerte 90 Minuten und jede einzelne davon habe ich verflucht. Aber eins nach dem anderen. Zugegeben, ich war late to the party, als ich mich dazu entschlossen habe, an einer Hot Yoga* Stunde teilzunehmen. Ich praktiziere wirklich gerne Yoga, vor allem als Ausgleich zu meinem Krafttraining, aber bei 40 Grad hatte ich bisher noch nicht das Bedürfnis, meine Matte ausrollen zu müssen. Der plötzlich einbrechende Herbst und der damit einhergehende graue Himmel über Berlin schienen mir jetzt allerdings der perfekte Grund, um dem Ganzen dann doch eine Chance zu geben.
Ich bin eine absolute Frostbeule und freue mich an einem regnerischen Samstag im September wirklich darauf, der Kälte zu entkommen. Als ich vorfreudig meine Tasche packe, habe ich noch keine Vorstellung davon, was mich erwartet. Das Einzige, das ich weiß: Hot Yoga – das sind 26 Asanas, stehend, sitzend und liegend in einem heißen Raum ausgeführt. Sicherheitshalber packe ich sowohl eine kurze als auch eine lange Sporthose ein. Ein Handtuch, eine Wasserflasche, meine Yogamatte – so weit, so gut.
Im Studio angekommen, wo die meisten Teilnehmenden sich schon vorfreudig in Grüppchen unterhalten, bin ich immer noch unentschlossen, ob ich eine kurze Sporthose oder meine Yogaleggings tragen soll. Ich erkundige mich bei der Yogalehrerin nach ihrer Empfehlung. Mit einem entspannten Lächeln weicht sie meiner Frage aus. “Es wird sich anfühlen, wie am Strand,” sagt sie. Da ich noch nie in Leggins am Strand war, entschied ich mich also für eine kurze Hose, klarer Fall.
Etwa 15 Minuten vor Beginn betrete ich mit meinem Handtuch und meiner Matte gewappnet den Raum. Die Hitze schlägt mir sofort entgegen. Der große, lange Raum ist schon jetzt sehr voll. Die Matten liegen in zwei Reihen dicht an dicht, an der gegenüberliegenden Wand ein langer, großer Spiegel. Die Plätze in der hinteren Reihe sind natürlich schon belegt, ich habe also keine andere Wahl, als mich vorne in der Mitte zu platzieren. Ich mache es mir im Lotussitz bequem und versuche den vollen Raum auszublenden, mental anzukommen und mich an die Hitze zu gewöhnen. Es ist sehr still, ganz abschalten kann ich aber noch nicht. Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie mein Blick wandert. Welche Sportkleidung tragen die anderen? Wieso haben die meisten ihre Matten vollständig unter riesigen Handtüchern vergraben und meins bedeckt nicht mal die Hälfte? Die Yogalehrerin beginnt die Stunde, sprüht etwas Lavendel in den Raum und beendet mein Grübeln. “Schön, dass heute so viele von euch da sind, dann wird es direkt noch wärmer”, sagt sie lachend. Einige Teilnehmende stimmen kichernd zu. Ich kann das Lachen nicht erwidern. Noch heißer? Ich fange jetzt schon an zu schwitzen.
Passend dazu: Hot Yoga ist nur eine von vielen Arten, Yoga zu praktizieren. Hier findest du die beliebtesten im Vergleich.
Wir starten mit einer Atemübung, alles ist noch ziemlich entspannt. Nach einigen Vor- und Rückbeugen zur Vorbereitung der Wirbelsäule geht es mit den drei verschiedenen Varianten Utkatasana, Kombinationen aus Kniebeuge und Zehenstand, weiter und ich merke schon jetzt, dass ich mir die erhoffte Entspannung abschminken kann. (An dieser Stelle sei gesagt: schminkt euch vorm Hot Yoga unbedingt ab, wenn ihr den Raum nicht als Pandabär verlassen wollt!) In der Pose Garudasana, der Adlerhaltung, in der man ein Bein um das andere schlingt, packt mich langsam die Verzweiflung. Der Schweiß läuft über meine Beine und es ist fast unmöglich, diese Position stabil zu halten. Zwar geht die Lehrerin ab und zu durch den Raum, um uns zu korrigieren, hauptsächlich werden wir aber immer wieder angewiesen, uns im großen Spiegel zu beobachten. So sollen wir unsere Haltung visuell kontrollieren, während weitere Asanas wie der stehende Bogen unsere Balance herausfordern. Die Haltungen werden nacheinander praktiziert und ich habe das Gefühl, einer Checkliste zu folgen. Als wir uns aus dem Baum (Vrksasana) heraus im Zehenstand hinhocken, merke ich deutlich, dass sich mein Kreislauf bemerkbar macht und ich mich ganz schön benebelt fühle. Das Ganze rauf und runter macht es mir schwer, mich auf meinen Körper und meine Atmung zu konzentrieren. Die Hitze wird intensiver und ich verstehe plötzlich, warum die meisten Teilnehmenden so große Handtücher dabeihaben. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so geschwitzt habe. Wie soll ich das nur 90 Minuten lang aushalten?
Und nicht nur die Temperatur macht mir zu schaffen. Unsere Lehrerin spricht so schnell und energisch, dass ich kaum ein Wort verstehe. Anweisungen wie greift euren Fuß, euer Schienbein oder sonst ein Körperteil, kann ich absolut nicht umsetzen. Der Schweiß macht es unmöglich, ständig rutschen meine Hände ab. Langsam werde ich ungeduldig. Wie schaffen das die anderen um mich herum nur? Gar nicht anscheinend, denn immer wieder sehe ich Teilnehmende den Raum verlassen, oder die Childs Pose einnehmen. Auch ich entscheide mich irgendwann dagegen, die schnell wechselnden Anweisungen zu befolgen und nehme für eine kurze Weile wieder den Lotussitz ein. Versuche, meine Atmung zu beruhigen, was bei der stickigen Hitze wirklich nicht einfach ist. Die Schülerin neben mir verzieht keine Miene und führt alle Asanas mit Bravour durch. Beim liegenden Bogen (Dhanurasana) komme ich zu dem Entschluss, dass ihre Wirbelsäule aus Gummi sein muss. Angeberin, denke ich, obwohl ich genau weiß, dass ich nur neidisch auf ihre Ruhe und ihr Durchhaltevermögen bin. Ich frage mich, wie oft sie schon teilgenommen hat und ob es irgendwann einfacher wird.
Als wir endlich endgültig Shavasana einnehmen dürfen, ist meine Trinkflasche schon längst leer, ich bin so nass geschwitzt wie noch nie in meinem Leben und kein bisschen entspannter. Ich will einfach nur an die frische Luft und sehne mich nach der Kälte, die mich draußen erwartet. Die Yogalehrerin sprüht wieder etwas Lavendel, was es nur bedingt besser macht und die im Shavasana übliche Ruhe stellt sich auch nicht ein. Unsere Lehrerin gibt in ihrem gewohnten Sprechtempo weitere Anweisungen zur vermeintlichen Entspannung. Ihr Angebot, nach Ende der Stunde noch in der Hitze zu verweilen und nachzuspüren, lehne ich entschlossen ab. Ich rolle meine Matte ein, die ich jetzt dringend reinigen sollte und verlasse den Raum.
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Im Eingangsbereich genieße ich die kühle Luft, die von draußen rein strömt und nehme mir einen Moment Zeit, um mich zu akklimatisieren. Die Duschen sind sowieso bereits hoffnungslos überfüllt und mir fällt mit Schrecken auf, dass ich meine Flip Flops vergessen habe. Damit dir das nicht passiert, habe ich dir eine Checklist für deine erste Hot Yoga Stunde zusammengestellt.
- Zwei große Handtücher. Eins für deine Matte, eins für die Dusche.
- Flip Flops und alles, was du zum Duschen benötigst.
- Kurze Sportkleidung. Wirklich kurz und so wenig wie möglich, denn glaub mir, es wird nicht nur warm, sondern heiß.
- Eine wirklich große Wasserflasche. Du solltest immer dann trinken, wenn dir danach ist und nicht nur in den “offiziellen” Trinkpausen.
Ich empfehle dir, dich auf die 90 Minuten Hot Yoga nur einzulassen, wenn du bereits Erfahrung mit Yoga hast. Außerdem wichtig: Geduld. Auch wenn ich mich nicht im klassischen Sinne entspannen, meinen Kopf abschalten und mich nur auf Atmung und Bewegung konzentriert habe, hat die Hot Yoga Stunde mich weitergebracht. Ich habe mein Ego überwunden, indem ich Pausen genommen habe, wenn ich es für nötig empfunden habe. Ich habe meinen Ehrgeiz geweckt, indem ich nicht früher abgebrochen habe, auch wenn ich mehr als einmal darüber nachgedacht habe. Außerdem habe ich gelernt, Emotionen zuzulassen. Zugegeben, es war mehr Wut und Frustration als alles andere. Aber: Es ist alles eine Frage der Perspektive, richtig?
*Nicht jede Hot Yoga Stunde ist gleich aufgebaut. Die besuchte Stunde wurde im klassischen Stil abgehalten, ursprünglich Bikram Yoga genannt. Mittlerweile wird in der Yogawelt auf diese Bezeichnung verzichtet, da der Begründer, Bikram, sexueller Übergriffe auf seine Schülerinnen beschuldigt wird.
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